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Alpencross 2017- Tag 2

Mo 31.07.17:

Freiburger Hütte-Heilbronner Hütte: 46km / 2140 HM

 

Um 7 Uhr ist die Nachtruhe auf der Freiburger Hütte auch schon wieder um. Ein wunderschöner Sonnenaufgang hüllt die Rotwand in rotes Licht. Nach einem hervorragendem Frühstück machen wir uns nach kurzem Fachsimpeln mit unseren Leidensgenossen die den selben Weg ins Klostertal nach Dalaas einschlagen, auf den Weg. Schon nach wenigen Metern wird klar, der Weg bergab wird beschwerlicher als erwartet. Zu verblockt, dicke weit hervorstehende Wurzeln. Also wieder schieben. Das Gewitter vom Vorabend hat die Wege stark ausgewaschen, und den Trail sehr rutschig werden lassen. Der Weg ins Tal dauert länger als geplant, und ist auch anstrengender als angenommen. In Dalaas finden wir gleich einen Bäcker, bei dem wir unsere Trinkwasservorräte mit Apfelschorle tunen. Dann geht es in den Uphill zum Kristbergsattel hoch. Die Teerserpentinen sind nicht zu unterschätzen steil, trotzdem kommen wir gut voran. Die Beine sind gut, die Laune ist bestens.

 

Oben angekommen der nächste traumhafte Blick. Das Silbertal. Der Weg den wir nun auf dem Sattel ostwärts nehmen ist stark frequentiert, vor allem von Wanderern. Richtig "heizen" ist da nicht. Also rollen wir gemütlich den Weg entlang und grüßen fleissig jeden... Man muss ja was fürs Image tun.  Einen nach dem anderen spuckt der Kabinenlift auf den Kristbergsattel aus. Der Blick gen Himmel verrät, das Wetter wird wieder schlechter. Nach einem kurzem und nicht sonderlich anspruchsvollen Downhill, kommen wir zur Jausenstation Hasahüsli. Inzwischen ist es Mittag, und die nach eigenen Angaben letzte Jausenstation vor der Heilbronner Hütte lädt auf eine deftige Mahlzeit ein. Nachdem wir bestellt haben, kommen auch schon unsere zwei Zimmergenossen von letzter Nacht, und gesellen sich wieder zu uns. Nach einem guten Essen brechen wir auch schon wieder auf. Sitzen bleiben wäre jetzt sooo gut... Kaum sind wir losgefahren, fängt es auch schon zu tröpfeln an. Nach ein paar Minuten ziehen wir uns schon die Regenjacken über. Jetzt gießt es doch ganz ordentlich. Neben uns unterhalb des Weges, unter einem Baum hervor, ruft uns eine Horde E-Biker entgegen, und fragt ob es noch regnet... Naja... Strom ist schon was gefährliches bei Regen...

 

10 Minuten später kommt auch schon wieder die Sonne raus, und es wird schnell wieder warm.

An einem schönen Plätzchen am Flüsschen Litz machen wir unser nächste Pause, da demnächst ein längeres Sumpfgebiet die Silbertaler Sümpfe kommen soll, bevor wir ins Verwall südwärts einbiegen.

Nach der ausgiebigen Pause und dem Genießen der Natur machen wir uns wieder auf den Weg. Der Weg wird jetzt so steil das wir vorsichtshalber absteigen und schieben. Fahren macht nun keinen Sinn mehr, es wäre das selbe Tempo wie

fahren, wir wollen uns Körner sparen. Zu unserer rechten taucht der Schwarzsee auf. Der See, dunkel wie schwarzer Kaffee. Ich bekomme Appetit auf einen Espresso...

Wir kommen noch an ein paar einzelnen Hütten vorbei, dann ist der Weg plötzlich weg... Kein sichtbarer Pfad mehr vor uns. Unser Ziel trotzdem klar vor uns, Eine Wand aus Fels baut sich am Ende des Talkessels auf. Der Patteriol, ein 3056m hoher Gipfel und seine ebenfalls knapp 3000m hohen Nachbargipfel. Am Fuße dieses Massivs, muss sich das Schönverwalltal von links (Nord) nach rechts oben bis zur Heillbronner Hütte ziehen.

Wir schultern die Bikes und los geht es über Felsbrocken teilweise größer als Medizinbälle. Dann wieder Schlammpfützen in denen man sicher Knietief versinken würde. Wir balancieren uns von einem Stein zum anderen, suchen die trockensten Stellen um Fuß zu fassen.

Zwei Biker kommen uns entgegen, ebenfalls mit geschulterten Bikes. Ein Gruß unter Leidensgenossen. Schon seltsam wie sympatisch einem aufeinmal Fremde sind, die man in den Bergen antrifft. In der Innenstadt von München z.B. würde man sich nicht mit dem A**** anschauen. Doch das gemeinsame Leiden schafft Respekt, schafft Freundlichkeit.

Die zwei fragen wie lange es noch zu tragen sei, ich entgegne mit ca. 45min in ihre Richtung. Mein Gegenüber grinst mich schelmisch an und meint: "Ihr habt noch eine gute Stunde".

 

Nach ca. 45 min, Schieben, viel tragen, und jedermenge kleinerer Akrobatikeinlagen kommen wir wieder auf begehbarere Pfade am Langen See an. Die Patteriolspitze baut sich jetzt ca. 1 km vor uns auf. Wir beschließen eine kurze Pause zu machen, zu anstrengend war die Turneinlage von eben. Nicht ganz 2 Stunden haben wir für die ca. 3 km Sumpf gebraucht. Das war nicht geplant. Zu meinem Pech hab ich mir auch noch die Fersen Wund gelaufen.

Hinter den Bergen, die unser Tagesziel die Heillbronner Hütte verdecken, zieht es tiefschwarz heran. Dumpfes Donnergrollen das sich am Patteriol Massiv bricht, lässt uns schlimmes erahnen. Wir marschieren weiter, bis wir am Fluss Rosanna ankommen. Mein Sorgenkind des heutigen Tages, denn dieser Fluss könnte durch Regenfälle derart anschwellen das er unpassierbar wird. Doch wir haben Glück, wir kommen locker rüber auf die andere Seite. Das Gewitter zieht nun auch südlich an uns vorbei, unser Refugium für heute Nacht muss zwar die volle Breitseite abbekommen haben, wir aber sind trocken. Zeitlich sind wir sowieso schon ziemlich spät dran.

Ein Mountainbiker mit Uraltausrüstung kommt uns von Süden entgegen, und fragt ob wir ein Tool haben.

"Ja, für was brauchst Du es?" frage ich. Dem armen Kerl ist seine gefederte Sattelstütze in Einzelteile zersprungen. Nun ist er ohne Sattel Richtung Tal unterwegs, entgegengesetzt seines Ziels der Heillbronner Hütte. Der Mann hat vor lauter Erschöpfung heraus einfach seinen Schnellspanner geöffnet was die Folge hatte, das seine Stütze sich tief im Rahmen vergraben hat, und drinnen feststeckt. "Das Tool bringt Dir da wenig..." Marcus empfiehlt ihm Schulterzuckend den Rahmen kopfüber auf einen Stein zu klopfen um die Stütze herauszubekommen. Er nimmt das ein wenig zu wörtlich und drischt sein Rad kopfüber mit allen Gepäck kopfüber auf den Boden... Jetzt ist noch mehr kaputt, denke ich mir.

Gottseidank kommt die Stütze wieder raus, und wir bauen sie ihm wieder zusammen.

Er meint noch er fährt nun noch zur Konstanzer Hütte, die haben vielleicht mehr Werkzeug (die Stütze war bereits repariert...), Wir sollen bescheid geben das er noch kommt zur Heillbronner, wegen dem Abendessen... "Aha..." sage ich...(Er sagte keinen Namen...) Dann fährt er ab... und ward nicht mehr gesehen. Schon erschreckend was Zuckermangel, der gefürchtete Hungerast, gepaart mit Selbstüberschätzung und schlechtem Material mit einem Mann anstellen kann.

 

Nach einer weiteren Stunde an Garagen großen Felsbrocken vorbei, die vom Massiv ins Verwalltal heruntergepurzelt sind kommen wir an den letzten Anstieg. Mehrere Biker vor uns, und hinter uns nehmen den selben Weg. Extrem steil, windet sich ein schmaler Pfad hoch zu den Scheidseen bei der Hütte. Schritt um Schritt kommen wir nur voran. Ein Schritt nach vorn, MTB nachsetzen, Bremse ziehen, zweiten Fuß nachsetzen, Halt testen... Nach 5 Schritten eine kurze Pause... Der Blick nach hinten...

Hinter mir die ersten Flüche des Alpencrosses von Marcus. Normalerweise muss ich immer lachen wenn meine Kumpels das "Wettern" anfangen. Heute nicht, ich bin selbst total am Limit. Das Trinkwasser ist uns unten schon bei der Rosanna ausgegangen, und die Sonne brennt nun wieder von oben, nachdem das Gewitter nun vollständig abgezogen ist. Irgendwann sind wir dann oben, die Erschöpfung bricht sich nun Bann und wir rollen mit unseren letzten Reserven  an den Scheidseen vorbei Richtung Hütte. In der Entfernung ist sie nun gut zu erkennen... 

Angekommen, mache ich wieder die Zimmer klar, als Marcus erschöpft vor der Hütte zu Boden sinkt.

Unser Zuckerl des Tages ist, das noch das wir ein 3-Bettzimmer zu zweit für uns alleine haben. Nach dem Duschen und Verarzten der am Tag zugezogenen kleineren Blessuren alá "Rambo" geht´s zum Futter fassen.

Beim Abendessen, das wir großteils schweigend aber glücklich verbringen, lassen wir den Tag ausklingen.

Morgen kommt die Königsetappe.

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