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4. Ortler Bike Marathon 2018- "Sightseeing"

 

 Fr 01.06.2018

 

Ortler Bike Marathon- "Sightseeing"

 

Vom Sightseeing zum Krimi

 

 

 

Endlich wieder im Vinschgau! Vor ziemlich genau 9 Monaten haben wir mit unserem Alpencross den Vinschgau durchquert.

 

Diesmal sind wir zum Marathon fahren da.

 

Es steht der 4. Ortler Bike Marathon an. Start und Ziel in der kleinsten Ringstadt Europas, Glurns. Zu Fuß in 5 min durchquert, eingeschlossen von mittelalterlichen Burgmauern, liegt das kleine Dorf.

 

Nachdem wir über den Reschenpass in den Vinschgau gefahren, unser Ferienhaus bezogen haben und eine kleine Wanderung am Sonnenberg oberhalb Schlanders hinter uns haben, begeben wir uns zur Akkreditierung, um unsere Startnummern zu holen. Es beginnt zu regen, und das nicht schlecht… Die Luft hat sich über die Tage stark aufgeheizt im Vinschgau, das bekommen wir nun durch ein starkes Gewitter zu spüren. Wir machen die Bikes soweit startklar, Startnummern, die letzten Checks… Morgen früh haben wir wenig Zeit.

Sa. 02.06.18- Raceday

 

Nach einer erholsamen Nacht, und einem guten selbstgemachten Frühstück, dank dem tollen Support unserer Fahrerfrauen, können wir uns auf den Weg zum Start machen, 10min nach Glurns mit dem Bike. Unsere Liebsten kommen nach.

 

Nach dem obligatorischen warmfahren, stellen wir uns in den uns zugewiesenen Startblock G.

 

Viel zu früh eigentlich, aber wir fahren ja „nur“ in der „Just for fun“ Gruppe, die ohne ärztliches Attest auskommt. Ansonsten hätten wir eine ärztliche Bestätigung benötigt, um in der Hobby Klasse dabei sein zu dürfen. Nächstes Jahr vielleicht. Der Nachteil: keine Platzierung, kein Podium, nur eine Zeit.

 

Aber wir wollen ja die Natur genießen, wann hat man schon die Möglichkeit bei diesem Panorama Marathon zu fahren.

 

 

 

15 min vor unserem Start dann etwas komisches…

 

Hinter uns beginnen die Leute zu schreien, wir drehen uns um, und siehe da ein alter Italiener mit seinem weissen Rauschebart in einer kleinen grünen dreirädrigen Piaggio APE 50, auf der Pritsche hinten eine große Milchkanne, mit wutentbranntem Gesicht versucht sich den Weg durch die Startaufstellung zu bahnen… Und zwar ohne Rücksicht auf Verluste… Die Fahrer springen zur Seite, Die Streckenposten flankieren die APE und hämmern gegen die Scheibe des kleinen Autos… Dem Herrn im innern scheint das nicht zu stören er MUSS da durch! Wir machen unsere Scherze, da ertönt schon aus dem Lautsprecher die italienische Stimme des Kommentators, Lobeshymnen waren es sicher nicht... 5 Minuten später kommt der alte wieder zurück, langsam mit resigniertem Blick, bahnt er sich langsam den Weg zurück durch die Startaufstellung, unter den scherzenden, und lachenden Blicken der Fahrer…

Block F ist raus, wir dürfen vor rollen…

 

Dann der Startschuss! Wir legen locker los,

 

Marcus voraus, dann Cuso und ich… Ich erblicke meine Liebsten, winke, dann staut es sich schon am Eingangstor nach Glurns hinein. Jeder versucht sich so zu platzieren das er gut durch das zweite Tor kommt. Der eigentliche Start erfolgt erst dahinter.

 

Marcus und Cuso kommen besser durch und sind auf und davon.

 

Ich spare mir noch meine Kräfte, meine Beine sind kalt geworden.

 

Es geht gleich nach Glurns relativ knackig in den Anstieg, so kurz nach dem Start. Ich überhole Marcus knapp vor Mals. Zuerst denke ich noch, fahre ich bisschen nebenher, dann aber werden die Beine warm. Ich ziehe bisschen an. Cuso ist derweil auf und davon. Mein Computer sagt ich fahre jetzt schon zu intensiv, ok bisschen rausnehmen… Ich habe mir nämlich im Hinblick auf mein Saison Highlight vorgenommen, mit Plan zu pacen (Pacing: Einteilung der Kräfte), nachdem Auerberg so grandios schlecht gepaced war.

 

Nach Mals geht’s in den langen Anstieg hoch zu Haider/ Reschensee. Ca. 50 Meter vor mir erblicke ich Cuso. Der pusht auch ganz schön, gut Abstand halten, die Intensität ist jetzt schon zu hoch, der Marathon lang. Aus Sightseeing wird aufeinmal Verfolgung… Ich glaube da wittert jemand seine Chance auf den Teaminternen Sieg, Cuso drückt auch weit über der im Vorfeld besprochenen Intensität. (Bei Powermetern der „IF“[Intensität]) . Na gut 10% drüber kann mal nicht schaden…

 

Oben am Haider See angekommen und in das erste Flachstück übergehend, sehe ich Cuso noch eine Gruppe Fahrer anführen. Dann verliere ich ihn aus den Augen. Der Wind bläst kräftig von vorne, ich komme hinter ein Pärchen die einen angenehmen Schnitt fahren, und hänge mich dahinter. 300-400m vor mir entdecke ich Cuso, der sich im Windschatten der Gruppe eingereiht hat. Im Downhill bin ich etwas schneller, das  wäre meine Chance an ihn ranzukommen, im Uphill mach ich mir da weniger Hoffnungen. Es geht in einem ständigen Auf und Ab durch wunderschöne Wälder und Auen. An Erholung ist nicht zu denken, da ziept es bereits in der Wade… Oh nein, Elektrolytmangel. Meine Archilles Ferse im Marathon, ich versuche die eingepackte Salztablette auszupacken, es gelingt mir aber nicht. Cuso ist nicht mehr zu sehen. Ich bleibe kurz stehen, fische sie aus der Tüte, rein damit und weiter. Der Downhill ist nur von kurzer Dauer, und nicht wirklich anspruchsvoll. Kurz an der Vepflegungsstelle in Dörfl was getrunken, ein Stückchen Kuchen und eine halbe Banane gegessen und weiter, Zeit gutmachen. Verdammt! Ich habe vergessen die nicht mehr halbvolle Trinkflasche aufzufüllen… Das vor dem 2. Uphill! Das mir das passiert. Ok, hilft ja nicht.

Trotzdem läuft es dann doch ganz gut. Es geht ständig auf und ab, auf engen Wiesen und Hang Wegen. Nach einer Weile vor Beginn des letzten Uphills, entdecke ich Cuso wieder vor mir. 500m vor mir. Das gibt Aufwind!

 

Ich arbeite mich langsam ran, er hat mich noch nicht entdeckt. Ich bin auch erpicht darauf, das er das nicht tut. Nicht das er nochmal anzieht.

Langsam aber sicher schraub ich mich ran, und spare nebenbei noch ein paar Körner. Bei der Hälfte des Uphills am Hochjoch östlich von Mals, bin ich dann dran. 30m ist der noch vor mir. Entdeckt hat er mich glaub ich nicht. Ich winke ihm bei einer Serpentine schelmisch zu.

Dann schließe ich auf. Wir unterhalten uns kurz, und fahren dann gemeinsam weiter. Sich gegenseitig abschätzend führt jeder mal an, keiner lässt nach. Am höchsten Punkt bei der Verpflegung sind wir mehr mit gegenseitig beobachten beschäftigt, als mit versorgen. Dann gehts los! Cuso kann sich als erster in den engen Singletrail zwängen, ich an seinem Hinterrad, fahren wir nach Matsch ab. Nochmal ein kurzer Uphill, bei dem ich mich an die Spitze setzen kann, dann nochmal ein Trail den ich nun frei fahren kann, und den Vorsprung minimal anwachsen lassen kann. Ich geb noch mal etwas mehr Gas. Im Downhill bin ich schneller und den Schlusssprint nach Glurns würde ich verlieren, da ist Cuso ne Macht.

Dann noch ein genialer Abstecher durch die Churburg mit Treppenabfahrt, und wir sind wieder im Vinschger Tal bei Schluderns.

Jetzt Tempo hochhalten, ihn nicht mehr rankommen lassen. Ich hab ihn auch aus den Augen verloren.

Die Gerade nach Glurns fordert noch die letzten Körner, ich fighte mit einem Italiener auf seinem Specialized Epic.

Mal er vorne, dann ich. Wir fahren auf Glurns ein, eine Haarnadel an der Ringmauer wird mir fast zum Verhängnis als ich fast das Standbein der Streckenbegrenzung mitnehme. Das wären unschöne Schrammen geworden. Weiter gehts, der Italiener ist 20m vorne, Mist! Ich mobilisiere die letzten Gel Reserven und geh in den Wiegetritt.

Mein Konkurrent kann nicht mehr mithalten und wird in der letzten links-rechts Kombi von mir liegen gelassen.

Sprintziel Durchfahrt!

 

Was für ein Sightseeing...

 

 

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